Herbststimmung im Death Hollow

Szenerie nahe BMT

Eine wohlverdiente Pause?

Liebe Freunde des amerikanischen Südwestens,

stellt Euch vor, es gäbe einen paradiesisch schönen Canyon und keiner ginge hin. Na ja, fast keiner. Es gibt diesen Canyon! Sein Name ist... Death Hollow!

Death Hollow hat wirklich so ziemlich alles zu bieten, was man sich nur wünschen kann: Beeindruckende Engstellen, imponierende Felswände, weite Passagen mit herrlicher Vegetation, einen wunderschönen Bachlauf, hochinteressante Seitencanyons mit teichgroßen Potholes zum Schwimmen, spektakuläre Zeltplätze und große Ruhe. In drei aufeinander folgenden Jahren habe ich insgesamt neun Tage in diesem ausgedehnten Canyonsystem zugebracht und keine einzige Minute davon möchte ich missen! Ihr merkt schon, ich komme ins Schwärmen.

Die einzelnen Abschnitte des 23 Meilen langen Death Hollow weisen einen recht unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad auf. Den Unterlauf kann man, mit Ausnahme einer kurzen Passage mit tiefem Wasser, ganz einfach durchwandern (häufig im Bach). Im Mittelstück wird es schon anspruchsvoller und im Oberlauf gibt es eine Reihe technischer Probleme und einige eiskalte Pools zu durchschwimmen. Das Erkunden des kompletten Canyons ist daher eine durchaus anspruchsvolle Unternehmung und bleibt sehr erfahrenen und gut ausgerüsteten Canyoneers vorbehalten. Zum Glück gibt es aber mehr als ein halbes Dutzend Möglichkeiten, in diesen Canyon zu gelangen. Einige davon sind leicht, andere sind einfach, erfordern aber eine sehr gute Routenplanung und Ortskenntnis und wieder andere führen direkt zum Hardcore-Bereich. Death Hollow ist sozusagen ein Canyon für alle und trotzdem "verirrt" sich vergleichsweise selten jemand dorthin. Der Grund wird wohl sein, dass man in jedem Fall ein paar Stunden gehen muss, bis man den Canyon zum ersten Mal erblickt. Auf einer Tagestour wird man also nicht allzuviel von ihm erkunden können. Death Hollow ist daher auch eine wunderbare Möglichkeit, den Schritt von Tageswanderungen zum Trecking zu vollziehen.

Death Hollow mündet etwa 9 km östlich der Ortschaft Escalante, von Norden kommend in den Escalante Canyon. In einem früheren Bericht (Einblicke und Ausblicke) habe ich schon verraten, von wo man diese Mündungsstelle ohne große Anstrengung aus der Entfernung in Augenschein nehmen kann. Um in den Unterlauf des Death Hollow zu gelangen, bietet sich eine dreitägige Tour durch den Escalante Canyon an. Man startet in Escalante, schlägt das Zelt in der Nähe der Mündungsstelle auf und nimmt sich einen ganzen Tag Zeit für einen Abstecher in die "Todesschlucht". Am Nachmittag des dritten Tages erreicht man dann ganz entspannt den Trailhead am Highway 12. Doch es geht noch besser, und zwar auf dem Boulder Mail Trail (BMT). Dieser Pfad wurde 1902 angelegt, um das isoliert liegende Boulder mit Post und anderen Gütern von Escalante aus versorgen zu können. Dabei wurden Mulis und Packpferde eingesetzt. 1910 verlegte man parallel zur Route eine Telefonleitung, deren Überreste auch heute noch auf vielen Meilen zu sehen sind. Mit Fertigstellung des Highway 12 im Jahr 1940 wurde der BMT bedeutungslos. In unseren Tagen gilt dieser Treck nicht nur als eine der schönsten Slickrock-Wanderungen in Utah, sondern er ist auch ein einfacher Zugang zum landschaftlich spektakulären Mittelteil des Death Hollow. Man kann den BMT in zwei Tagen "machen", aber wer wollte das schon bei so viel landschaftlicher Schönheit? Besser nimmt man sich drei oder sogar vier Tage Zeit. Dann kann man in aller Muße Death Hollow in beide Richtungen erkunden. Auch mit schweren Trecking-Rucksäcken ist die Querung des Death Hollow Canyons, trotz des relativ steilen Abstiegs, nicht schwierig. Man kann sich aber gut vorstellen, dass es früher unter ungünstigen Umständen nicht immer ohne Verluste an Tragtieren abging. Daher kommt vermutlich auch der Name Death Hollow. Escalante Canyon und BMT lassen sich natürlich auch kombinieren. Eine schöne Rundwanderung ist z.B.: Escalante Trailhead - BMT - Death Hollow - Escalante Canyon - Escalante Trailhead.

Für die Zugänge über Mamie Creek, Moonshadow Canyon (Steve Allens Name), Left Fork und Right Fork gilt das eingangs Gesagte. Steve Allen (Canyoneering 3: Loop Hikes in Utah's Escalante. The University of Utah Press, Salt Lake City, 1997) wird sehr deutlich:

"Death Hollow, one of the most spectacular canyons in southern Utah, should be on every hardcore canyoneer's list. The operative words here are death and hardcore; this canyon is difficult throughout and many epics have unfolded in it's deepest recesses. Luckily, no deaths have occurred; but it is just a matter of time. Death Hollow is not a canyon for the newcomer who may not appreciate what it offers. It is a canyon one aspires to, a reward for building skills and gaining experience over many seasons."


Beim Versuch "trocken" zu bleiben

Noch namenloser Seitencanyon

Potholes

Auch wenn Steve Allen über eine riesige Erfahrung verfügt, viel Pionierarbeit geleistet hat und damit zu einer wahren "Ikone" geworden ist: difficult throughout kann ich nicht bestätigen. Dieses Urteil trifft meiner Meinung nach nur auf einen Teil nördlich des BMT (oder sogar erst des Moonshadow Canyons) zu. Den Unterlauf des Death Hollow kann sich unter normalen Bedingungen (Wetter, Wasserstand etc.) jeder erfahrene Canyonwanderer vornehmen. Elementare Sicherheitsregeln wollen natürlich beachtet sein (siehe Bericht Don't die out there!). Ein Beispiel: Auf meiner letzten Tour durch (den Oberlauf) dieses Canyons im April 2004 hatten wir die ersten beiden Tage wunderbar warmes Wetter, am dritten Tag kam sehr starker Wind auf und am vierten Tag entschieden wir uns bei Schneetreiben und etwas Hagel dafür, den Canyon über einen uns vom Vorjahr her bekannten Pfad zu verlassen. Für alle, die dennoch Bedenken haben, oder sich technisch einfache, aber in der Literatur nicht beschriebene Zugänge zeigen lassen wollen, oder sich einmal an das Technical Canyoneering heranwagen wollen, besteht die Möglichkeit in Escalante einen Führer anzuheuern. Einen ganz hervorragenden Ruf geniest Rick Green, den man in seinem Trailhead Cafe an der Hauptstraße in Escalante antrifft. Rick ist nicht nur einer der besten Kenner des Grand Staircase Escalante National Monument und ein sicherheitsbewuster Führer, sondern auch ein persönlich sehr liebenswürdiger Mensch. Auf jeden Fall lohnt es sich einmal, seine Website: Excursions of Escalante zu besuchen. Gerne vermittele ich auch den Kontakt und gebe weitere Auskünfte.

Ein kleiner Tip für alle Fotografen: Besonders schön ist Death Hollow im Oktober wenn sich die Blätter der Cottonwood Trees goldgelb verfärben. Für einige Wochen bietet der Canyon dann einen wahren Rausch an Farben und wird zu einem kleinen Paradies. Doch aufgepasst! In jedem Paradies gibt es eine Schlange. In Death Hollow ist es Poison Ivy, das man tunlichst nicht berühren sollte. Das Internet ist eine ausgezeichnete Informationsquelle über dieses Gewächs.

Ich wünsche euch allen viel Spaß beim Wandern und ein sicheres Gelingen aller eurer Unternehmungen, erst recht natürlich in der Schlucht des Todes!