White Pocket zu Sunset |
Rot-weißer Farbmix |
Die Location
Überall heißt es: "Das Beste kommt zum Schluss". Mit diesem Grundsatz möchte ich ausnahmsweise einmal brechen und mit dem Highlight meiner Frühjahrstour 2005 beginnen: White Pocket. Niemand von uns wusste genau, was ihn dort erwarten würde. Wir hatten bestenfalls eine vage Vorahnung. Denn außer einigen Andeutungen war rein gar nichts in Erfahrung zu bringen. Was wir dort aber vorfanden, übertraf unsere kühnsten Erwartungen um Längen! Ich habe immer noch Tonys "Oh my goodness" in den Ohren, das wir uns ständig anhören durften. Wenngleich die Location nicht ganz an das Niveau der Coyote Buttes South heranreicht, so hat sie doch extrem viel zu bieten und gehört für mich ganz klar zu den Big 5 des Südwestens. Hier gibt es aber nicht nur unzählige Swirls, sondern auch jede Menge brainrockartige Hügel. Dagegen wirken die aus dem Nordteil der Coyote Buttes fast schon etwas verloren. Das oftmals nur wenige Zentimeter dicke grauweiße Gestein liegt wie ein Zuckerguss über dem sonst rotbraunen Sandstein. Einige Hügel haben einen schuppenartigen Überzug und ähneln Checkerboard Mesa aus dem Zion N.P.. Selbst wenn einige Spots in goldgelben Farben erscheinen, so überwiegt doch ein Mix aus rot und weiß. Wobei der Ausdruck "Mix" hier wörtlich zu verstehen ist. Denn das Gestein besteht nicht nur aus verschiedenen Lagen, sondern ist oftmals regelrecht "verwirbelt", fast so wie ein Rührkuchen. Obwohl es sich auch "nur" um versteinerte Sanddünen handelt, fällt es schwer zu glauben, dass sie rein natürlichen Ursprungs sind. All das macht die Gegend zu etwas absolut Besonderem. Wer durch White Pocket wandert, wird häufiger mal erstaunt innehalten (müssen). Denn speziell während der Abendzeit, sieht es hier aus, wie in einem riesigen Süßwarenladen.
Wie alles begann...
Bereits seit einiger Zeit stehe ich mit Laurent Martres in Kontakt. Vielen sicherlich bekannt durch seine exzellenten Bücher Photographing the Southwest. Als ich ihm wenige Wochen vor der Abreise meine Planung schickte, in der auch White Pocket vermerkt war, war ich völlig überrascht, als er mir den Vorschlag machte, diese Tour gemeinsam zu unternehmen. Er hatte wie ich von einem befreundeten Fotografen erfahren, dass es sich durchaus lohnen könnte, das Gebiet genauer zu inspizieren. Allerdings hatte dieser Freund die Gegend nur ganz kurz in Augenschein genommen. So wollte er uns auf diesem Trip begleiten. Leider musste er kurzfristig absagen, so dass wir auf seine Erfahrung und Ortskenntnisse verzichten mussten.
Solche Treffen vorab zu organisieren ist nie ganz leicht. Zu viele Unwegsamkeiten gilt es zu beachten. In unserem Falle war das Hauptproblem das Wetter. Denn die Location lässt sich nur über Dirt Roads erreichen. Bei extremer Nässe hätten wir die Tour mit Sicherheit abblasen können. Zum Glück war diese Sorge vollkommen unbegründet. Als ich früh morgens am Stateline Campground ankam, strahlte die Sonne bereits vom Himmel. Nur wenig später traf Laurent ein. Hier wartete dann die erste kleine Überraschung auf mich. Denn auf dem Campground hatte Tony Kuyper übernachtet, der sich uns auf diesem Trip anschloss. So brausten nur wenig später, 3 SUV's erwartungsvoll in Richtung Süden...
Die Tour
Da wir auf unseren "Scout" verzichten mussten, war es nicht ganz leicht auf Anhieb den richtigen Weg zu finden. Im Zuge meiner Vorbereitung hatte ich bereits zu Hause alle relevanten Topo Maps ausgedruckt, darin die wichtigsten Kreuzungen markiert und mein GPS mit allen notwendigen Daten versorgt. Ohne diese Hilfsmittel wäre es vermutlich schwieriger geworden. So haben wir uns nur einmal verfahren, diesen Fehler aber recht bald bemerkt, da uns der Weg viel zu weit nach Osten führte. Davon abgesehen, gab es keinerlei Probleme. Die Dirt Roads selbst waren in ziemlich gutem Zustand, wenn auch sehr sandig. Ein SUV ist auf diesem Trip definitiv Pflicht! Laut meinen Maps, hätte der Weg bereits früher an einer Umzäunung enden müssen. Dem war aber nicht so. So waren wir völlig überrascht, als kurze Zeit später, hinter einer sandigen Kuppe plötzlich unser Ziel auftauchte. Die Piste endete auf einem riesigen Slickrock Feld, unmittelbar vor den Brainrocks. Den Anblick werde ich nie vergessen, einfach überwältigend. Damit hatte wirklich keiner gerechnet. Wir konnten es kaum erwarten, endlich auf Entdeckungstour zu gehen. Da es noch nicht einmal Mittag war, wollten wir die Gegend schon mal vorab erkunden, um für den Abend gerüstet zu sein.
Lollipop Rock |
Brainrock mit "Zuckerguss" |
Wie die Cottonwood Teepees innerhalb der South Coyote Buttes, so liegen auch hier die faszinierendsten Formationen auf einem Hochplateau von knapp 1 km² Größe. Da das Gebiet relativ klein und überschaubar wirkt, benötigt man auf der Wanderung kein GPS Gerät. In etwa 2-3 Stunden ist alles erkundet. Allerdings kann man aufgrund der schier unendlichen Motive hier locker ein Mehrfaches an Zeit verbringen. Dabei geben nicht nur die vielen sanften Hügel und Brainrocks lohnende Motive ab, auch die interessante Struktur und Farbe des Sandsteins lockt häufiger zu sogenannten "Close Up's". Am Westrand des Plateaus stehend, hat man einen sagenhaften Blick bis weit hinein in das Grand Staircase. Bei guter Sicht sind selbst die Ausläufer des Bryce Canyon erkennbar. In der Felswand, am Nordrand des Plateaus, gibt es auch einige Petroglyphen (Felsritzungen) der Ureinwohner zu bewundern. Sie befinden sich rechts neben einer Alcove in etwa 4 Metern Höhe. Direkt darunter, fast zu ebener Erde, haben sich auch einige Viehzüchter verewigt. Ein Namenszug trägt das Datum 1937.
Pfirsich Melba mit Schlagsahne |
Wer auf dem Plateau entlang wandert, wird dort einige Dämme entdecken, die Rancher hier gebaut haben, um das Vieh auch in der Trockenheit mit Wasser zu versorgen. Lustig in diesem Zusammenhang, waren die "ausgelatschten" Cow trails, die tiefe Spuren im Slickrock hinterlassen haben. Aufgrund des extrem nassen Winters waren diese Becken, wie auch alle natürlichen Pools, voll mit Wasser und gaben mit ihren interessanten Spiegelungen zusätzliche Motive ab. Je näher der Abend rückte, umso intensiver wurden die Farben. Selbst die fast weißen Bereiche begannen sich gelb zu färben. Hatten wir uns am Tage noch mit dem Fotografieren zurückgehalten, so begannen jetzt die Auslöser unserer Kameras zu "glühen". Keiner wollte diese Zeitspanne ungenutzt lassen und so "hetzten" wir von Punkt zu Punkt. Auch wenn wir noch lange hätten so weitermachen können, irgendwann war einfach Schluss. Wir trösteten uns aber mit dem Sonnenaufgang. Schließlich wollten wir im Auto übernachten und nichts deutete auf einen Wetterwechsel hin. Mit dem Verschwinden der Sonne wird es in dieser Region allerdings schnell empfindlich kalt. Das mussten wir auch feststellen, ließen uns das gemeinsame Abendessen im Freien aber trotzdem nicht nehmen. Erst recht vor der traumhaften Kulisse von White Pocket. Jeder hatte irgendeine "Spezialität" dabei, die es zu probieren galt. Nur an mein Bier, wollte außer mir keiner ran!? "Eingemummelt" in unsere Schlafsäcke, hatten wir uns eine Menge zu erzählen. Doch auch diese Zeit verging mal wieder viel zu schnell. Zu allem Überfluss verdrehten die beiden "Rentner" bereits gegen 22.30 Uhr ihre Augen. Viel zu früh für meine Verhältnisse...
An die Nacht selbst, habe ich keine guten Erinnerungen. Mein Schlafsack war einfach zu dünn für diese Temperaturen. Trotz zweier Fleecepullover habe ich unheimlich gefroren. So war ich heilfroh, als endlich der Morgen graute. Ein Blick auf Laurents Thermometer verriet uns 36°F, nur wenig über 0°C. Außer mir hatten alle eine angenehme Nacht verbracht. Zu meiner Entschuldigung sei erwähnt, dass es sich um (m)eine Premiere handelte. Solch einen Fehler macht man nur einmal!
Leider war der Morgen auch nicht viel besser. Denn über Nacht zog eine Schlechtwetterfront heran. An spektakuläre Fotos war überhaupt nicht zu denken. Und so saßen wir eine Stunde später bereits wieder im Auto, Back to civilization...
Die Route
Einige werden es vermutlich schon ahnen!? White Pocket befindet sich auf dem Paria Plateau im nördlichen Arizona, nur wenige Meilen östlich der berühmten Coyote Buttes. Im Jahre 2000 wurde ein großer Teil dieser Region in den Rang eines National Monument erhoben. Seitdem trägt sie den Namen Vermilion Cliffs National Monument. White Pocket befindet sich ziemlich zentral in dessen Mitte, etwa auf Höhe der Cottonwood Teepees. Streng genommen bezeichnet White Pocket ausschließlich ein großes Bergmassiv, wenige hundert Meter weiter westlich. Die Region über die ich hier schreibe ist eigentlich namenlos, liegt aber im unmittelbaren Schatten dieses Massives, so dass wir den Namen einfach auch auf auf dieses Gebiet ausgedehnt haben. Schließlich überwiegen auch hier die weißen Farbtöne. Trotz der räumlichen Nähe zu den Coyote Buttes benötigt man hier noch kein Permit. Allerdings scheint es konkrete Pläne zu geben, dies in absehbarer Zeit zu ändern. Ein 4WD ist dagegen zwingend erforderlich, will man die extrem (!) sandigen Pisten befahren.
Nach meinem Kenntnisstand, gibt es 3 mögliche Zufahrten, die sich kurz vor White Pocket alle wieder vereinigen. Eine davon möchte ich hier beschreiben. Die zweite Route über Poverty Flat ist auf Isa's Webseite zu finden. Die dritte Variante kenne ich bisher nur vom Hörensagen. Solange ich keine verlässlichen Angaben darüber habe, verzichte ich auf eine Beschreibung. Der Startpunkt ist bei allen die unbefestigte House Rock Valley Road, die den Highway 89 mit dem 89A im Süden verbindet. Am Ende dieses Artikels findet ihr die dazugehörige Karte (Topo Map) inklusive aller relevanten GPS Koordinaten. Darin sind neben der hier beschriebenen Route auch die über Poverty Flat und die Anfahrt zu den South Coyote Buttes abgebildet.
Markanter Fels am Westrand |
Vom Highway 89 kommend zweigt bei Mile Post 26 die House Rock Valley Road in südliche Richtung ab. Dieser unbefestigten Piste folgt man knapp 20 Meilen und biegt dann links auf die Corral Valley Road (BLM 1017) ab. Der Wegweiser an dieser Kreuzung ist praktisch kaum zu übersehen. Knapp 3.1 Meilen später passiert man eine hölzerne Umzäunung, die dem Valley ihren Namen gab. Das alte Windrad dort, ist ein guter Orientierungspunkt. Hier zweigt nordöstlich (links) eine Dirt Road ab. Dabei handelt es sich um den Weg, den Isa auf ihrer Seite beschreibt. Wer sich für meinen Routenvorschlag entscheidet, verlässt die BLM 1017 erst nach 6.1 Meilen bei Pine Tree Pockets und biegt dort nordöstlich (links) ab. An diesem Punkt gilt es etwas genauer aufzupassen. Denn kurz vorher mündet bereits ein Weg auf dieser Seite ein. Am "richtigen" Abzweig steht ein Hinweisschild mit der Aufschrift Big Sink. Diese Piste ist wie die vorherige recht breit und in gutem Zustand. Sie scheint doch häufiger von Einheimischen befahren zu werden, die in der Gegend ihr Vieh halten. Etwa 3.9 Meilen später muss die Dirt Road nördlich (links) verlassen werden. Der Punkt ist leicht zu übersehen, denn die abzweigende Piste ist recht schmal und unscheinbar. Wer sich nicht nur auf das Tachometer im Auto verlassen möchte, hier noch die GPS Koordinaten des Abzweigs: 36°53'03''N, 111°55'13''W (WGS84/NAD83). Für den nun folgenden Streckenabschnitt ist definitiv ein 4WD erforderlich! Und sofern noch nicht geschehen, schaltet man jetzt den Allradantrieb zu. Auf den kommenden etwa 6 Meilen müssen immer wieder tiefe sandige Passagen überwunden werden, die man nur schafft, wenn man ausreichend Schwung hat. Wer hier bremst oder gar zögerlich fährt, kann gleich nach einer geeigneten Unterlage Ausschau halten. Aufgrund dieser Bedingungen, kann ich nur davon abraten, die Tour allein zu unternehmen! Den Wagen ohne fremde Hilfe wieder frei zu bekommen, dürfte ziemlich schwierig werden.
Kurz vor einer alten verfallenen Umzäunung, biegt links eine weitere Piste ein. Das ist die eingangs erwähnte Alternativroute, die über Poverty Flat zurück zum Corral Valley führt. Eine knappe Meile später ist man dann am Ziel. Die komplette Distanz von der Kreuzung Highway 89 - House Rock Valley Road bis zu White Pocket beläuft sich auf etwa 36 Meilen, für die man mit mindestens 1.5 Stunden Fahrtzeit rechnen muss.
Alternativ lässt sich die House Rock Valley Road (BLM 1065) auch vom Süden her befahren. Dabei erspart man sich etwa 10 Meilen Dirt Road, denn bis zum Abzweig Corral Valley sind es so nur 9.3 Meilen anstatt 20. Allerdings ist die Anfahrt über den Highway 89A erheblich länger. Für alle, die in Marble Canyon, Cliff Dwellers oder Jacob Lake übernachten, ist das der kürzeste Weg. Selbst wer aus Page oder Fredonia anreist, sollte ernsthaft über dieses Alternative nachdenken, denn der südliche Teil der House Rock Valley Road ist in deutlich besserem Zustand. Zudem muss kein Wash durchquert werden. Wenn der nördliche Abschnitt der House Rock Valley Road durch Regen bereits unpassierbar geworden ist, ist die Anfahrt vom Süden häufig die einzige Möglichkeit um White Pocket zu erreichen. Speziell die Strecke entlang der Vermilion Cliffs ist landschaftlich äußerst reizvoll und entschädigt für den längeren Weg.
Abschiedsfoto mit Laurent |
Nachtrag: Mittlerweile (Stand: Oktober 2005) haben sich die Verhältnisse der Dirt Roads extrem verschlechtert, kein Vergleich zum Frühjahr! Derzeit ist eigentlich nur die Route über Poverty Flat (die Isa beschreibt) noch einigermaßen benutzbar. Doch auch die ist keineswegs sicher! Die Schlüsselposition auf diesem Weg sind die Sand Hills, etwa 2 Meilen vor dem Ziel. Was diesen Bereich so extrem schwierig macht, ist der tiefe Sand. Die besten Chancen da durchzukommen, hat man nach Regen. Denn dann ist der Sand meist gut verdichtet und bereitet weniger Probleme. Wer bereits große Schwierigkeiten hatte, die Hügelkuppe zu erreichen, sollte keinesfalls weiterfahren, denn der Weg hinab ist noch etwas steiler. Die Rückfahrt könnte hier zum Alptraum werden. In dem Fall lässt man den Wagen besser stehen und läuft den Rest (GPS nicht vergessen!).
Tipp: Wer sich die anspruchsvolle Fahrt nicht zutraut, weil er z.B. allein unterwegs ist oder nicht das richtige Auto hat, findet in Steve dem Eigentümer der Paria Outpost einen zuverlässigen Führer, der die Gegend kennt wie kaum ein anderer. Bei ihm kann man u.a. eine kombinierte Tagestour zu den South Coyote Buttes und White Pocket buchen. Preis: 175 Dollar pro Person (Gruppenrabatte sind möglich!)
Fazit
Immer wenn ich an White Pocket denke, gerate ich ins Schwärmen. Dieser Tag war einfach perfekt: traumhaftes Wetter (zumindest am ersten Tag), eine Location der Superlative und nicht zuletzt zwei nette und angenehme Freunde, die ich endlich einmal persönlich kennen lernen durfte. Unser Treffen gestaltete sich genauso unkompliziert, wie vorher bereits mit Isabel, Peter, oder Philippe. Meine Erfahrungen mit diesen "Red Rock Verrückten" sind durchweg positiv. Und was White Pocket betrifft, so war ich nicht zum letzten Mal dort. Die Gegend ist einfach viel zu spektakulär. Also: See you soon...
Meine schönsten Fotos von White Pocket findet ihr hier. Viel Spaß...