Hoodoos
Blick in das riesige Amphitheater

Allgemeines

Die Region nördlich des Highway 89 zwischen Big Water und dem Paria Movie Set ist eine wahre Schatzkammer für jeden Backpacker und Naturfotografen. Abgesehen von den bekannteren Spots wie den Rimrocks warten noch unzählige weitere Locations auf deren "Entdeckung". Dieser Landstrich ist geprägt von märchenhaften Canyons und merkwürdigen Gebilden, meist aus Sandstein. Hier befinden sich mit Ausnahme der Bisti Badlands die vielleicht schönsten und außergewöhnlichsten Hoodoos des amerikanischen Südwestens. Die Dichte an diesen Dingern ist manchmal derart hoch, dass man nach einiger Zeit fast schon an einer Art Hoodoomani leidet. Meist ist man völlig allein hier draußen, keine Menschenseele weit und breit. So kann man die ganze Schönheit und Erhabenheit dieser grandiosen Landschaft in vollen Zügen genießen. Viele der renommiertesten Naturfotografen zieht es seit einiger Zeit in diese verlassene Gegend, angestachelt durch die Fotos von Fatali und Co, ständig auf der Suche nach der ultimativen Location. Werden sie fündig, liegen sie nicht selten mehrere Tage auf der Lauer und warten auf das optimal(st)e Licht.

Die Touren

Ein solcher Ort ist mit Sicherheit auch der Sidestep Canyon. Seine Entdeckung war purer Zufall. Hätten wir nur wenige hundert Meter weiter südlich hinein geschaut, wären wir vermutlich weiter gezogen, ohne den wirklich spektakulären Teil zu sehen. So aber standen wir genau an der richtigen Stelle und schauten staunend in ein riesiges Tal. Hier weitete sich der sonst sehr schmale Canyon und bildete eine Art Amphitheater, etwa vergleichbar mit dem aus dem Bryce Canyon. Allerdings ist die dominierende Farbe hier nicht rotbraun, sondern ein Mix aus allerlei Farben, u.a. weiß, grau, braun, rot, grün und gelb. Wobei je nach Region, mal die ein oder andere Farbe überwiegt. Das Tal ist so groß, dass ich es selbst mit meinem Weitwinkel nicht komplett aufs Foto bekommen habe.

Die vielen farbigen Felstürme unten im Tal, sahen von oben aus wie die Köpfe der chinesische Tonarmee Kaisers Qin Shi Huang, die man heute in Xian bewundern kann. Man könnte fast meinen, dass sie hier ausgerichtet in Reih und Glied auf ihre Befehle wartet. Auf halber Höhe immer wieder größere Gruppen von Hoodoos. An den Canyonwänden merkwürdige Sandsteingebilde, die wie Baumpilze am Hang klebten und scheinbar aus dem Boden wuchsen. Wir kamen uns vor wie in einer anderen Welt. Ein sagenhafter Anblick! Eins stand fest, dass mussten wir uns unbedingt genauer ansehen.

Sidestep Canyon
The Pretty

The Sweeties
Sidestep Canyon
Doppelhoodoo, aus extremer Perspektive

Der Abstieg hinab ins Tal gestaltete sich äußerst schwierig. An vielen Stellen fiel der Fels fast senkrecht ab, keine Chance da (gesund) hinunter zu kommen. Einsetzender Regen kam erschwerend hinzu und machte das ganze Unternehmen noch gefährlicher. Nach einigem Suchen fanden wir endlich eine geeignete Stelle, eine Art Sanddüne auf der wir sanft nach unten "glitten". Auf halber Höhe, quasi auf den Köpfen der "Soldaten", gingen wir auf eine erste Entdeckungstour. Geschützt in den Nischen des Canyons standen hier immer wieder große und kleine Hoodoos, die denen aus dem Wahweap Drainage und dem White Valley sehr ähnlich sahen. Kein Wunder, ist doch das Material das Gleiche. Darunter waren so grazile Gestalten, wie The Pretty oder The Sweeties, die beide sicherlich einen Preis gewinnen würden, gäbe es so etwas wie die "Miss-" oder "Mister Hoodoo" Wahl. Die Krönung (für mich) war aber der Doppelhoodoo auf der Spitze eines Berges. Leider hatte der eine schon seine Mütze verloren, so sieht das Gebilde aus wie ein Vikingerhelm nach überstandenem Kampfeinsatz ;-)

Einige Meter weiter links von ihm konnten wir dann endlich auch gefahrlos in den eigentlichen Canyon absteigen. Das Wetter wurde jedoch zusehends schlechter. Der feuchte Lehm verwandelte sich in kürzester Zeit in eine regelrechte Rutschbahn. Neben den eigenen gesundheitlichen Risiken richtet man selbst auch einigen Schaden am sensiblen Untergrund an. Es wurde also höchste Zeit die Tour an dieser Stelle des Canyons abzubrechen. Unsere Neugier war allerdings geweckt. So konnten und wollten wir uns nicht zufrieden geben.

Sidestep Canyon - GSENM
Baumpilz Hoodoos

Farbige Lehmhügel an vielen Ecken
Sidestep Canyon
Das Übliche, Hoodoos!

Einige Tage später unternahmen wir einen zweiten Versuch, diesmal bei strahlendem Sonnenschein. Wir wollten den Sidestep Canyon in seiner ganzen Länge erkunden. Den zeitlichen Aufwand hatten wir allerdings gehörig unterschätzt. So waren wir erst gegen Mittag am Trailhead. Uns steckte außerdem noch die Tour vom Vortag, kreuz und quer durch die Northern Coyote Buttes, in den Knochen. Dementsprechend langsam kamen wir voran. Nach etwa 5km erreichten wir den Eingang des Sidestep Canyons. Dabei entpuppte sich der untere Bereich als relativ unspektakulär. Links und rechts hohe Canyonwände, aber keine Hoodoos oder andere interessante Gebilde. Wenigstens war der Grund eben, so blieb uns das ewige hoch und runter vom Vortage erspart. Erst nach etwa 5km erreichten wir das riesige Amphitheater, in das wir vor wenigen Tagen hineinblickten. Hier gab es unzählige Fotomotive. Wir kamen mit dem "Knipsen" kaum hinterher. Leider sind die Tage im November doch sehr kurz, bereits gegen 17 Uhr ist Sonnenuntergang. Mit Erschrecken stellten wir fest, dass uns nur etwa 2 Stunden blieben und wir ca. 10km vom Auto entfernt waren. So mussten wir nun schon zum zweiten Mal die Tour an dieser Stelle abbrechen. Bis zum nördlichen Ende wären es keine zwei Kilometer mehr gewesen. Das war an diesem Tag aber leider nicht mehr drin. Wenigstens hatten wir ein paar recht gute Fotos im Kasten. So kletterten wir eine Sanddüne nach oben, raus aus dem Canyon und schauten ein letztes Mal in das Amphitheater, bevor wir uns auf den langen Rückweg machten.

Sidestep Canyon
Typische Szenerie im Canyon

Mit Hilfe des GPS ging es auf dem schnellsten Weg zurück zum Auto. Es wurde auch höchste Zeit. Allerdings waren selbst von hier oben noch einige Höhenmeter zu überwinden, denn ganz so eben war das Terrain dann doch nicht. Mit den letzten Strahlen der Sonne erreichten wir dann völlig platt unser Auto. Diese Tour wäre im Sommer absolut undenkbar, 20km in praller Sonne, No Way! Ich denke immer noch sehr oft an diese beiden Hikes zurück. Manchmal ist auch ein wenig Wehmut dabei, den nördlichen Teil (noch) nicht gesehen zu haben. Aber eins ist absolut sicher, bei nächster Gelegenheit werde ich das Entgangene nachholen! Wahrscheinlich schon eher als gedacht...

Dieser Artikel soll eigentlich nur als Anregung dienen, sich auch einmal abseits der ausgetretenen Pfade zu bewegen und Neuland zu betreten. Ich bin der festen Überzeugung, dass es hier noch eine Menge zu entdecken gibt. Also traut Euch und lasst den Reiseführer mal für einen Tag im Hotel!

Auf der folgenden Seite findet Ihr die Wegbeschreibung und noch mehr Hoodoos!

Sidestep Canyon Wegbeschreibung