Headline Racetrack Playa
Moving Rock, Racetrack Valley
Wandernder Stein
Teakettle Junction, Death Valley N.P.
Die Teakettle Junction

Allgemeines

Das Interesse an den großen Nationalparks des amerikanischen Westens hat bei mir doch erheblich nachgelassen. Denn meist sind diese Orte total überlaufen und kommerzialisiert. Die Infrastruktur ist ganz auf den gestressten Touristen ausgelegt, der so ohne jeglichen körperlichen Aufwand von Viewpoint zu Viewpoint hetzt, ohne dabei die wahre Schönheit gesehen zu haben. Wer schon einmal "off the beaten track" unterwegs war, wird die Ruhe und Einsamkeit dort zu schätzen gelernt haben. Und was deren Attraktivität betrifft, so müssen sich diese Orte mit Sicherheit nicht verstecken. Dass man diese Plätze auch in den etablierten Nationalparks finden kann, beweist die Racetrack Playa, eine abgeschiedene Region, im Norden des Death Valley National Park. Dieser Ort lebt von seiner schlichten Kargheit und dem Phänomen der "wandernden Steine" bzw. "Sliding Rocks", die es nur in dieser Gegend gibt. Neben der Racetrack Playa sind noch 8 weitere Orte in der näheren Umgebung bekannt, wo dieses außergewöhnliche Ereignis auftritt. Die 162 hier erfassten Steine wurden wie von Geisterhand über den Grund eines ausgetrockneten Sees gezogen und haben dabei ihre (Schleif-) Spuren hinterlassen. Die kürzeste misst gerade mal 1.6, die längste fast 900 Meter! Kurioserweise wandern die meisten Steine hier bergauf. Allerdings beträgt die durchschnittliche Neigung der knapp 10 Quadratkilometer großen Playa nur ganz wenige Zentimeter. Größe und Gewicht der einzelnen Steine variieren sehr stark, haben aber kaum Einfluss auf deren "Wanderfreudigkeit". Von der Murmel mit nur wenigen Gramm, bis zum Brocken von etwa 320 kg ist hier alles vertreten. Erstmals wurde dieses Ereignis 1915 beschrieben, das bis heute nicht restlos aufgeklärt werden konnte. Die Wissenschaft hat zwei Theorien für dieses Phänomen parat. Die tragende Rolle spielt bei beiden der Wind, der hier oftmals Spitzen von bis zu 110 km/h (70 mph) erreicht. Bei der einen soll Regen den Boden derart aufgeweicht haben, dass der Wind die Steine über den glitschigen Boden gleiten lässt. Bei der anderen soll der Wind die Gesteinsbrocken über den vereisten Untergrund geschoben haben. Einen eindeutigen Beweis ihrer Theorien ist die Wissenschaft aber bis heute schuldig geblieben. Denn beobachtet hat dieses Phänomen noch niemand. Der Naturforscher Thomas Clement hätte es beinahe geschafft. Er wollte dieses Ereignis mit eigenen Augen sehen und verbrachte 1952 einige Tage hier. In dieser Zeit tobte ein heftiges Gewitter über der Playa, das ihn für längere ins Innere seines Zeltes zwang. Als sich das Unwetter verzog und er ins Freie trat, konnte er viele frische Spuren sehen. Das Ereignis selbst hatte er jedoch verpasst. Und so rästeln die Wissenschaftler noch heute, wie genau das Wandern der Steine vonstatten geht. Mittlerweile rückt man ihnen mit modernster Technik "auf den Leib". Ihre Spuren wurden sorgfältig per GPS vermessen und ständig kontrolliert. Sogar Namen hat man ihnen gegeben. Die längste Spur stammt von Diane, die kürzeste von MaryAnn. Wer mehr über die "wandernden Steine" im Death Valley NP erfahren möchte, sollte sich auf der Seite der Geologin Paula Messina umsehen. Sie hat sich intensiv mit diesem Phänomen beschäftigt und bietet die meisten Informationen. Paula glaubt, dass ein dünner Tonfilm in Verbindung mit dem Wind die Steine bei Nässe zum Rutschen bringt. Einen eindeutigen Beweis ihrer These konnte aber auch sie (noch) nicht erbringen...

Wer noch nicht hier war, sollte sich beeilen dies nachzuholen, denn lange wird es das Racetrack Valley so nicht mehr geben. Nirgends anders ist mir der schädliche Einfluss des Menschen so derart bewusst geworden wie hier! Da wurde bei Nässe die Playa betreten, obwohl das eigentlich untersagt ist. Der Boden ist übersät mit den Fußspuren dieser Ignoranten. Einige der Steine wurden von ihren ursprünglichen Positionen entfernt oder sogar mitgenommen. Die wenigen noch unzerstörten Stellen muss man schon regelrecht suchen. Die Abgeschiedenheit dieses Ortes hat die Zerstörung vielleicht etwas hinausgeschoben. Auf Dauer verhindern kann sie es nicht. Es sei denn, die Verantwortlichen ergreifen endlich geeignete Maßnahmen um diesen Ort nachhaltig zu schützen. Bisher sieht es aber nicht danach aus. Mir fallen genügend Orte ein, wo beim geringsten Frevel ein Aufschrei der Empörung durch die Öffentlichkeit geht. Doch eben nicht hier. Denn dieser Ort hat keine Lobby, leider!

Anfahrt

Für die Fahrt zur Racetrack Playa ist keine besondere Karte notwendig. Die Map, die jeder Besucher am Parkeingang erhält, ist völlig ausreichend. Zuerst fährt man in Richtung Ubehebe Crater, in den Norden des Death Valley National Park. Bis zum Vulkankrater ist die Straße noch asphaltiert. Danach quält man sich über 20 Meilen nicht endend wollender Schotterpiste bis zur Teakettle Junction, dem wahrscheinlich ungewöhnlichsten Wegweiser des amerikanischen Westens. Die Dirt Road ist, falls nicht frisch gegradet, eine Waschbrettpiste der übleren Sorte. Ich kann nur alle warnen, ja nicht zu schnell über den scharfkantigen Schotter zu "brettern"! Denn die triste Umgebung und der vermeintlich gute Zustand der Dirt Road verleitet häufig zum schnellen Fahren. Die Strecke ist als wahrer "Reifenfresser" berühmt berüchtigt! Selbst die robusten eines 4WD sind hier nicht vor dem Schicksal eines flat tire gefeit. Auf meinen Touren zum Racetrack Valley habe ich unterwegs schon einige abgestellte Autos gesehen, die nur ein Ersatzrad dabei hatten und noch ein weiteres gebraucht hätten!

Doch zurück zur Teakettle Junction. Den Namen verdankt sie den vielen Teekesseln, die Besucher hier gefüllt mit Sprüchen, Münzen oder persönlichen Dingen zurück lassen. Wie alles anfing ist völlig unklar. Irgendwann muss ein Besucher seinen alten Teekessel dort hingehangen haben. Heute ist das ein wahrer Selbstläufer. Man findet die Kessel in den unterschiedlichsten Farben und Mustern. Einige sind aus Keramik, wieder andere aus Metall. Es gibt sogar Webseiten, die das wechselnde Aussehen dieses Wegweisers von den Anfängen bis heute dokumentieren. Leider scheint es bei einigen geistigen "Krüppeln" so etwas wie ein Sport zu sein, auf die Teekessel zu schießen. Jedenfalls tragen einige unübersehbare Spuren dieses dubiosen Treibens. Wenigstens hat man hier das Schlimmste überstanden. Denn knapp 7 Meilen später, erreicht man endlich die Racetrack Playa. Hoffentlich mit 4 intakten Reifen... Und obwohl die Strecke nur 27 Meilen lang ist, muss man mit etwa 1.5 Stunden Fahrzeit rechnen. Falls die Dirt Road lange nicht gegradet wurde, sogar noch länger. Im Sommer solltet Ihr möglichst nicht zur Racetrack Playa fahren! Denn bei Temperaturen jenseits der 40 Grad, stirbt hier jeder Wagen ziemlich bald den Hitzetod! Denn kühlenden Fahrtwind kann man bei 15 miles per hour nicht wirklich erwarten...

Stone Traces
Spuren auf der Playa...
Moving Rocks
...wie von Geisterhand

Die höchste Dichte der "wandernden Steine" befindet sich am äußersten südlichen Ende des ausgetrockneten Sees. Es gibt vorher schon einige Möglichkeiten die Playa zu erkunden, u.a. in der Nähe von Grandstand, einer markanten dunklen Felsgruppe. Allerdings kann man sich diese Bereiche getrost schenken, da die Anzahl der Steine dort so gering ist, dass ein Besuch eigentlich nicht lohnt. Vom Parkplatz am südlichen Ende muss man nur wenige hundert Meter laufen, bis die ersten Steine und ihre Schleifspuren auftauchen. Der fototechnisch günstigste Zeitpunkt ist auch hier der Morgen oder Abend. Im Winter herrschen im Tal optimale Bedingungen, zumindest für all diejenigen, die Fatalis Meisterwerk Spirit Stones (nach-) fotografieren möchten. Denn zu keiner anderen Zeit, geht die Sonne so perfekt unter. Allerdings hat sich die Position der Steine dort schon gehörig verändert und der Spot hat einiges von seinem Reiz verloren. Es gibt aber noch andere Spuren, die es bezüglich ihrer Attraktivität locker mit der Fatali Location aufnehmen können. Etwas südlich von dort liegen 4 Steine in nahezu perfekter Anordnung und mit schön ausgeprägten Spuren. Leider ist es uns aber nicht gelungen, sie vernünftig abzulichten. Vielleicht hatte unser Freund Ron Flickinger mehr Glück mit diesem Spot...

Um den südlichen Teil der Racetrack Playa ausgiebig zu erkunden, sind etwa 2 Stunden erforderlich. Wer am Nachmittag hier ist, hat ausgiebig Zeit zum Scouten, um am Abend dann vor dem schönsten Spot den Sunset zu genießen. Danach heißt es möglichst sicher und ohne Reifenpanne auf die befestigte Straße zu kommen.

Das hatten wir eigentlich auch vor. Der mörderische Charakter dieser Piste war uns bis dahin überhaupt nicht bewusst, als ein Freund unterwegs ausstieg, um Fotos von den Kakteen zu machen. Ein markantes Zischen von links hinten ließ ihn das Fotografieren vergessen. Wir mussten unbedingt runter von der Piste. Fast schon auf der Felge erreichten wir den Parkplatz des Ubehebe Craters. Was wir dort erlebten, ließ mich wieder an das Gute im Menschen glauben. Denn dort wechselten uns zwei Amerikaner den defekten Reifen, obwohl wir nur nach deren Werkzeug fragten. Uns blieb praktisch nur die Rolle der Zuschauer, eine unangenehme und vor allem peinliche Situation. Nach getaner Arbeit ließen sie sich nicht einmal zu Annahme von 20 Dollar bewegen. Selbst ihre Familienangehörigen warteten brav und geduldig, bis Papa seinen Job erledigt hatte. Hier gibt es noch so etwas wie Hilfsbereitschaft, eine Eigenschaft die den meisten von uns doch längst abhanden gekommen ist! Bei uns hätte doch (fast) jeder weggeschaut und gehofft, nicht angesprochen zu werden. Nach diesem Erlebnis hat sich das Bild vom Amerikaner bei mir grundlegend geändert. Speziell nach den Ereignissen der letzten Monate, wo pauschal auf alle Amerikaner "eingedroschen" wurde, war es mir ein Bedürfnis auch mal die andere, die menschliche Seite zu zeigen.
Einheimische erzählten uns nachher, dass der Weg zum Racetrack sehr berüchtigt wäre. Reifenpannen sind dort an der Tagesordnung! Und so wundert es nicht, dass es Leute gibt, die mehrere Ersatzräder mit auf diese Tour nehmen.

Dirt Road zum Racetrack
Joshua Trees am Wegesrand
Grandstand
Markante Felsengruppe von Grandstand

Fazit

Wie Ihr sicherlich bemerkt habt, hat die Racetrack Playa zwiespältige Eindrücke bei mir hinterlassen. Zum einen diese Abgeschiedenheit und Ruhe in einem großen Nationalpark in Verbindung mit einem einzigartigen Naturphänomen. Zum anderen die fortgeschrittene Umweltzerstörung und nicht zu vergessen die anspruchsvolle und reifenmordende Strecke. Aus diesen Gründen fällt es schwer eine eindeutige Empfehlung auszusprechen. Es muss jeder mit sich selbst ausmachen, ob er das Wagnis eingehen möchte. Die Location jedenfalls ist es (noch) wert.